Spielgeschichte zur Lese- und Schreibförderung

Spielgeschichte zur Lese- und Schreibförderung

Besonders wenn es um den Schriftspracherwerb geht, werden die Angebote der neuen Medien oft unter das Vorurteil gestellt, diesen Vorgang eher zu gefährden. Doch Schriftsprach- und Medienkompetenz lassen sich als Kulturtechniken der modernen Industriegesellschaft kaum voneinander trennen. Aus diesem Ansatz heraus entstand in Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Rundfunk die Idee für eine crossmediale Spielgeschichte zur Förderung der Lese-, Schreib- und Medienkompetenz. Ausgangspunkt war die Entwicklung einer offenen Fernsehgeschichte, die unter dem Gesichtspunkt der Schreib- und Leseförderung aktiv vom Zuschauer im Internet fortgeführt werden sollte.

Hintergrund

Das Projekt entstand bereits 2004 in Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Rundfunk und war demnach wegweisend, für mulitimediale Unterrichtskonzepte. Nach den Ergebnissen der Pisa-Studie, welche kurz zuvor veröffentlicht wurden, war einem Viertel aller Fünfzehnjährigen der Zugang zu verstehendem Lesen nur schwer möglich. Da es aber bereits nach dem zwölften Lebensjahr zu einer Verdreifachung im Rückgang des Leseverhaltens kommt, muss dem bereits früher entgegengewirkt werden.

Insbesondere wenn es um den Schriftspracherwerb geht, werden die Angebote der neuen Medien oft unter das Vorurteil gestellt, diesen Vorgang eher zu gefährden. Doch Schriftsprach- und Medienkompetenz lassen sich als Kulturtechniken der modernen Industriegesellschaft kaum mehr voneinander trennen. Durch die Stellung des Fernsehens in der kindlichen Erlebnisstruktur, lag es nahe, die Kinder genau dort abzuholen, wo sie sich befinden und die Bewerbung des Schreibens und Lesens über einen Spielkontext auf andere Medienformen zu übertragen.

Ausgangspunkt war die Entwicklung einer offenen Fernsehgeschichte die, unter dem Gesichtspunkt der Schreib- und Leseförderung, im Internet fortgeführt werden sollte. Zu diesem Zweck entstand für die Charaktere der Sendung eine Notsituation, welche die Kinder dazu aufrief, über Internet einzugreifen. Um Hilfestellung leisten zu können, sollten die Kinder Hintergrundfakten recherchieren, Vorschläge zur Lösung unterbreiten und die Geschichte selbst weiterentwickeln.

Gestaltung

Um die Kinder darin zu unterstützen auch fiktionale Gedankenstrukturen zuzulassen, wurde entschieden, die Handlung in einem halb realen, halb virtuellen Szenenbild zu positionieren. Dementsprechend bestanden selbst die Charaktere zur Hälfte aus realen Darstellern, zur anderen aber aus virtuell gestalteten oder halbvirtuellen Figuren. Um die passenden Formensprachen zu entwickeln, wurden innerhalb eines Probedurchlaufs über 50 Schüler und Schülerinnen, sowie fünf Lehrpersonen in den Prozess integriert. Die Entwicklung der Charaktere sowie des Szenenbildes fand in Zusammenarbeit mit dem virtuellen Szenenbild des Westdeutschen Rundfunks statt.

Virtuelles Szenenbild mit und für den Westdeutschen Rundfunk
Virtuelles Szenenbild mit und für den Westdeutschen Rundfunk

Nach Festsetzung des inhaltlichen und visuellen Konzeptes wurden in Folge Vorspann sowie Abspann ausgearbeitet. Bei der Konzeption des Vorspannes war es wichtig, bereits hier Lust auf den Lese- und Schreibvorgang zu wecken, aber auch die Hauptcharaktere der Sendereihe kurz vorzustellen. Da der Abspann hauptsächlich die Überleitung zum Internetbereich unterstützen sollte und demnach die Notsituation und die benötigte Hilfestellung durch die Kinder herausgearbeitet werden sollte, mussten elementarste Informationstexte bereits in den Vorspann integriert werden.

Vorspann zur Fernsehsendung
Abspann zur Fernsehsendung

Bei der Entwicklung der Internetpräsenz war es wichtig, Elemente der Fernsehfolgen und Szenenbildcharakteristika aufzugreifen und damit das Gefühl zu unterstützen, weiter am Handlungsstrang beteiligt zu sein. Über einen technischen Apparat konnten die Kinder mit den Hauptdarstellern in Kontakt treten, um Nothilfe in der Situation zu leisten. Daraufhin konnten fiktive Zeitungsberichte oder private Schilderungen über den Fortgang der Geschichte im Netz veröffentlicht werden.

Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte
Digitale Screens zur Weiterführung der Spielgeschichte

Ausführung

Durch meine Auseinandersetzung mit diesem Thema, entstand die Möglichkeit, mit dem Westdeutschen Rundfunk zusammenzuarbeiten. Es sollte eine vierteilige Sendereihe entstehen, welche auf den Hörspielen ›Anna und Theobald‹ auf ›wdr5‹ basierte. Die Entwicklung des Konzeptes fand in Zusammenarbeit mit dem freien Autor Georg Wieghaus statt, der ebenfalls das Drehbuch für die Sendereihen entwickelte.

Ziel war es, den Lehrern eine Spielgeschichte an die Hand zu geben, welche aus verschiedenen, modular kombinierbaren Medienbausteinen für den Unterrichtsbedarf zusammengestellt werden konnte. Dennoch war es wichtig, mindestens einen Handlungsstrang linear und für die Kinder leicht zugänglich zu gestalten, um das Projekt nicht zwangsläufig auf den Schulunterricht zu reduzieren. Es sollte die Fertigkeit vermittelt werden, unterschiedlichsten Medien nötige Informationen zu entnehmen, diese zu deuten und zu reflektieren, Freude am Lesen zu finden und fiktionale Handlungsstränge zu entwerfen. Entstanden sind neben dem Konzept auch ausgearbeitete Entwürfe für Hauptcharaktere, Vorspann, Abspann, Internet und Szenenbild. Die Arbeit wurde vom Westdeutschen Rundfunk weiterentwickelt, unter dem Namen ›SOS - Wer hilft den Speedonauten‹ im wdr-Schulfernsehen ausgestrahlt und erhielt den ›Basel-Karlsruhe-Contest Award‹ im Bereich ›Best Multimedia Product‹.